
Schutzkonzept
Hier findet ihr unser aktuelles Schutzkonzept gegen sexuelle Gewalt und Diskriminierung. Vielleicht kennt ihr den Begriff Schutzkonzept aus der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Hier beziehen wir uns jedoch ausdrücklich auch auf den Umgang Erwachsener untereinander. Unser Kinderzelt–Team ist darüber hinaus nochmal besonders geschult.
In unserer Gemeinschaft legen wir viel Wert auf ein rücksichtsvolles Verhalten untereinander und das Respektieren persönlicher Grenzen. Wir möchten daher sensibilisiert und achtsam sein für die Grenzen anderer sowie für die eigenen. Mit diesem Schutzkonzept erkennen wir an, dass es keinen Ort gibt, der frei von Diskriminierung und grenzverletzendem Handeln ist, auch nicht dieses Camp.
Wir möchten mit diesem Konzept die Grundlage schaffen, dass sich alle sicher und wohl fühlen können. Das schaffen wir nur gemeinsam, deshalb möchten wir euch alle dazu einladen kollektiv dafür Verantwortung zu übernehmen. Zusätzlich zu dieser kollektiven Verantwortung gibt es ein Awareness-Team.
Verhaltensrichtlinien
Du hast das Recht:
- in Ruhe gelassen zu werden, wenn du das möchtest.
- selbst zu entscheiden, was für dich gut anfühlt / in Ordnung ist.
- klare Grenzen zu ziehen, wenn jemand das missachtet.
- Selbst zu bestimmen, wie nah dir jemand wann, wie und wo kommen darf.
- Niemand darf dich gegen deinen Willen berühren.
- „Nein“ zu sagen. Du kannst „nein“ sagen mit Worten oder durch deine Körpersprache.
- Zu entscheiden, mit welchem Namen und welchen Pronomen du angesprochen werden möchtest.
- Dir Unterstützung vom Awareness-Team zu holen, wenn du dich unwohl oder diskriminiert fühlst.
Wir ermutigen dich, deine Rechte wahrzunehmen. Durch deine Teilnahme am Camp erklärst du dich bereit, dass du dein Bestes tun wirst, diese Rechte auch bei den anderen Menschen zu respektieren.
Wir möchten darauf hinweisen, dass wir uns vorbehalten, Menschen, die sich nicht an diese Verhaltensrichtlinien halten, von der Veranstaltung auszuschließen.
Das Awareness-Team
Dieses Team steht dir zur Seite, wenn:
- du dich belästigt oder diskriminiert fühlst
- deine persönliche Grenze missachtet wurde.
- du beim Eintreten für deine Rechte Unterstützung möchtest.
Das Awareness-Team bietet an:
- Einen Rückzugsraum, in dem du das Erlebte verarbeiten kannst.
- Dir zuzuhören.
- Gemeinsam herausfinden, was dir helfen könnte.
- Bei Konfliktsituationen zu vermitteln.
Wer ist Teil des Awareness-Teams?
Das Awareness Team besteht im Kern aus Latifa und Isha. Es gibt weitere Personen im erweiterten Awareness-Team, die während der Veranstaltungen präsent und ansprechbar sind. Du erkennst sie an einer regenbogenfarbenen Armbinde.
Das Awareness Team erreichst du so:
- Indem du eine Person mit regenbogenfarbener Armbinde, oder Latifa bzw. Isha direkt ansprichst.
- Indem du die Notfall-Telefonnummer anrufst: +49 (0) 1575 7137 640
Was passiert, wenn ich das Awareness-Team kontaktiere?
Das Awareness-Team stellt die Bedürfnisse und Gefühle der Betroffenen in den Mittelpunkt und begegnet ihnen einfühlsam und unterstützend. Nicht was gewesen ist oder wer es gewesen ist, ob jemand recht hat oder jemand etwas Falsches getan hat, steht im Mittelpunkt, sondern das Wohl der betroffenen Person – getreu dem Grundsatz: „Im Zweifel für Betroffene.“
Das Awareness-Team gibt deinen Erzählungen, Gefühlen und Bedürfnissen Raum.
Das Awareness-Team unterstützt dich beim Umgang mit der Situation. Wir sprechen jegliches Vorgehen mit dir ab. Du kannst selbst entscheiden, inwieweit du an weiteren Schritten beteiligt sein möchtest.
Das Awareness Team handelt den Verhaltensrichtlinien entsprechend.
Begriffsdefinitionen
Sexismus:
Benachteiligung, Abwertung und Unterdrückung von Menschen aufgrund ihres (biologisch zugeschriebenen) Geschlechts. Sexismus wirkt auf individueller Ebene (zwischenmenschlicher Kontakt), struktureller Ebene (Institutionen, Bezahlung,…) und gesellschaftlicher Ebene (Rollenbilder, Erwartungen,…).
Rassismus
Benachteiligung, Abwertung und Unterdrückung von Menschen aufgrund ihrer tatsächlichen oder vermuteten ethnischen Herkunft. Rassismus wirkt auf individueller Ebene (zwischenmenschlicher Kontakt), struktureller Ebene (Institutionen, Bezahlung,…) und gesellschaftlicher Ebene (Rollenbilder, Erwartungen,…).
Ableismus:
Benachteiligung, Abwertung und Unterdrückung von Menschen aufgrund ihre körperlichen oder kognitiven Fähigkeiten. Der Begriff kommt aus dem Englischen “able” also “fähig sein”. Ableismus wirkt auf individueller Ebene (zwischenmenschlicher Kontakt), struktureller Ebene (Institutionen, Bezahlung,…) und gesellschaftlicher Ebene (Rollenbilder, Erwartungen,…).
Macht:
Möglichkeit, Menschen und Situationen zu beeinflussen, zu verändern und zu gestalten, also auch Entscheidungen zu treffen. Macht ist eng verbunden mit Privilegien. Privilegien führen zu Macht und andersherum ist Macht ein Privileg. Privilegien laufen oft entlang von ungleichen Machtverhältnissen, im Bezug auf Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit, Ability, soziale Herkunft, etc.
Grenzverletzung
Grenzverletzungen sind alle Verhaltensweisen, die unabsichtlich die Grenzen eines anderen Menschen, egal welchen Alters oder Geschlechts, verletzen. Wichtig ist dabei, dass die persönlichen Grenzen subjektiv sind und sich demnach bei jedem Menschen unterscheiden. Die subjektiven Grenzen einer Person können sich auch von Situation zu Situation ändern: Konsens/eine Einwilligung ist umkehrbar. Was für eine Person in einer Situation okay ist, kann in einem anderen Moment nicht okay sein. Grenzverletzung kann auch auf emotionaler Ebene stattfinden, wenn beispielsweise eine Person emotionalen Support von einer anderen Person einfordert, diese das aber in dem Moment gar nicht leisten kann oder mag.
Übergriff:
Verhaltensweisen, die absichtlich die Grenzen anderer nicht wahrnehmen und/oder überschreiten. Ein Übergriff liegt vor, wenn verbal oder auch nonverbal aufgezeigte Grenzen bewusst überschritten werden. Der Übergang zwischen grenzverletzendem Verhalten (unabsichtlich) und übergriffigem Verhalten (absichtlich) verläuft oft fließend.
Missbrauch/Nötigung
Alle Handlungen, die gegen die sexuelle Selbstbestimmung des Menschen verstoßen. Damit sind diese Handlungen oft auch Strafbestand.
Sexualisierte Gewalt
Alle (sexuellen) Handlungen, die an oder vor einem Menschen gegen dessen Willen vorgenommen werden oder denen der Mensch aufgrund seiner körperlichen, seelischen, geistigen oder sprachlichen Unterlegenheit nicht wissentlich zustimmen kann. Sexualisierte Gewalt ist eine gewaltvolle Form des Machtmissbrauchs.
Prävention
Prävention heißt Vorbeugen. In der Praxis bedeutet Präventionsarbeit, dass man verschiedene Maßnahmen umsetzt, die dazu beitragen, sexualisierte Gewalt zu verhindern. Präventionsarbeit kann auch bedeuten, Aufklärung über das Themenfeld anzustoßen und für die Thematik zu sensibilisieren. So werden Räume geschaffen, in denen das Sprechen über sexualisierte Gewalt ermöglicht und dadurch enttabuisiert wird. Prävention kann Regeln, Abläufe und Strukturen beinhalten, die zum Ziel haben, sexualisierte Gewalt bestmöglich entgegenzuwirken. (Potentiellen) Täter*innen soll deutlich gemacht werden: Hier wird sich mit dem Thema beschäftigt, hier hab ich also keine Chance, eine Tat zu verüben und/oder dabei unentdeckt zu bleiben.
Awareness:
Bewusstsein und Sensibilität für eine Thematik, in diesem Fall sexualisierte Gewalt. Es steht auch für eine Haltung und Praxis, die Diskriminierung und (sexualisierter) Gewalt entgegenwirkt und kondensbasiertes Handeln fördert. Der Begriff Awareness hat sich in diesem Kontext im deutschen Sprachraum etabliert, und wird hier anders verwendet als “Aufmerksamkeit” im Kontext z.B. von Meditationsübungen.